Festivalleiter Volker Kufahl sagte über die Wahl des Ehrenpreisträgers: „Henry Hübchen ist einer der großen Könner seines Fachs. Er balanciert meisterhaft auf dem Grat zwischen Komik und Tragik. Als Schauspieler zeichnen ihn seine große Offenheit, Sensibilität und sein Einfallsreichtum aus, und mit seinem ruppigen Charme und seinem Talent für Slapstick spielt er sich in die Herzen des Publikums. Ihn auf der Leinwand oder auf der Bühne zu erleben, ist immer ein Ereignis.“
Der 1947 in Berlin geborene Hübchen wurde schon als Kind von der Schulbank für die Kamera entdeckt und moderierte u.a. eine Sendung über den Alltag junger Pioniere im DDR-Fernsehen. Eigenen Angaben zufolge hatte Hübchen damals überhaupt keine Ambitionen, den Beruf des Schauspielers zu ergreifen. Er begann zunächst, Physik zu studieren, brach das Studium aber ab. Um erst einmal „von der Straße weg zu sein“, wie er selber einmal sagte, beschloss er, Schauspieler zu werden.
Er absolvierte die renommierte Schauspielschule „Ernst Busch“ im damaligen Ostberlin und begann danach am Theater in Magdeburg. Fortan war er „vom Spielvirus infiziert“ und wurde ein leidenschaftlicher Theaterspieler. Er wirkte auch in vielen DEFA-Filmen mit, darunter Frank Beyers ‚Oscar‘-nominiertem Meisterwerk „Jakob der Lügner“ (1975). Hübchen verkörperte wie z. B. in „Camping, Camping“ (1977) oft draufgängerische, bisweilen zwiespältige Charaktere, die dank lässigem Charme und einer Portion Schlitzohrigkeit verführerische Wirkung auf und vor der Leinwand entfalteten. Mehrfach spielte er vor und nach 1990 in Erfolgsserien wie „Polizeiruf 110“ mit, 2003 bis 2005 als Schweriner Kommissar Törner.
Neben seiner Arbeit als Film- und Fernsehschauspieler betätigte sich Hübchen als Komponist für DDR-Bands wie „The Continentals“ und „City“.
In den 1990er Jahren avancierte Henry Hübchen auch bei westdeutschen Produzenten und Regisseuren zu einem gefragten Charakterdarsteller sowohl in Dramen („Am Hang“, 2013), Komödien („Jesus liebt mich“, 2012), Thrillern („Liebestod“, 2000) wie auch zahlreichen Kinderfilmen („Huck Finn“, 2011, „Rico, Oscar und das Herzgebreche“, 2014, „Hanni & Nanni – Mehr als beste Freunde“, 2017). Für besondere Begeisterung sorgte er bei Filmkritikern und beim Kinopublikum mit seinen Rollen in Tragikomödien wie Alain Gsponers „Lila Lila“ (2009) und Dani Levys „Alles auf Zucker!“, für den er 2004 als Bester Hauptdarsteller mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde.
Hübchen spielte an zahlreichen Theaterbühnen, z. B. in Köln, Hamburg und Wien. Von 1974 bis 2009 zählte er zum Ensemble der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, wo er eine besonders fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Theaterregisseur Frank Castorf erlebte, als dieser 1992 zum Intendanten des Hauses berufen wurde. 1994 und 2001 wurde Henry Hübchen von der Zeitschrift „Theater heute“ zum Schauspieler des Jahres gekürt.
Kufahl: „Henry Hübchen verbindet beruflich und privat viel mit Mecklenburg-Vorpommern. Am Theater Anklam lernte er Anfang der 80er Jahre ‚seinen‘ Theaterregisseur Frank Castorf kennen. Er hat hier viele Filme gedreht, von „Camping, Camping“ über „Whisky mit Wodka“ unter der Regie Andreas Dresens bis „Spätwerk“ in 2017. Hübchen war Schweriner Polizeiruf-Kommissar. Und als Berliner zieht es ihn immer wieder hoch in den Norden.“
Das 28. FILMKUNSTFEST MV zeigte vom 1. bis 6. Mai eine Auswahl aus über 120 Filmen, in denen Henry Hübchen mitgewirkt hat, darunter „Kundschafter des Friedens“ (2017), „Alles auf Zucker!“ (2004), „Whisky mit Wodka“ (2009), „Jakob der Lügner“ (1975) und als Weltpremiere Andreas Kleinerts Film „Spätwerk“ (2017).
Der Goldene Ochse wurde Henry Hübchen im Rahmen einer Gala am 5. Mai 2018 verliehen.