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Die Preise des 28. FILMKUNSTFESTs Mecklenburg-Vorpommern sind vergeben

STYX mit Susanne Wolff (c) Zorro Film

Drei Auszeichnungen inklusive "Fliegender Ochse" gehen an das deutsch-österreichische Drama STYX von Regisseur Wolfgang Fischer

Die Preise des 28. FILMKUNSTFESTs Mecklenburg-Vorpommern sind:

1. Der Hauptpreis, der „Fliegende Ochse“, gestiftet von der Staatskanzlei des Landes Mecklenburg-Vorpommern, dotiert mit 10.000 Euro, geht an das deutsch-österreichische Drama 

STYX von Regisseur Wolfgang Fischer

Begründung der Spielfilmjury (Mascha Schilinski, Monika Schindler, Marie-Lou Sellem, Victoria Trauttmansdorff, Dito Tsintsadze):

Die Frau und das Meer, Styx, der Höllenfluss der Antike, Wasser des Grauens….
Der Film begleitet die wunderbare Hauptdarstellerin Susanne Wolf auf ihrer Reise, ihrer Suche nach dem unberührten Paradies. Ganz alleine belädt sie ihre 12 Meter Jacht und sticht von Gibraltar aus, in See. Die radikale Regie- Entscheidung von Wolfgang Fischer, lediglich Vorgänge zu zeigen, löst beim Zuschauer eine fast körperliche Erfahrung aus. In nicht psychologischer Art, sondern in einer großen Fähigkeit zur Erzählung, wird nahezu rauschartig, unterstützt durch den harten, kontrastgebenden Schnitt von Monika Willi, sowie einer faszinierenden Kamera und Tonebene, die Reise auf offenem Meer geschildert. Susanne Wolf könnte man ewig zusehen, fasziniert von ihrer Furchtlosigkeit und zugleich in großer Sorge um sie. Diese Sorge erweist sich als berechtigt. Vor Afrikas Küste muss sie sich auf existenzielle Weise mit der Realität eines sich in Seenot befindenden Flüchtlingsbootes auseinandersetzen. Alleine gelassen durch die Rettungskräfte, isoliert - gerät die Figur in einen humanitären und geradezu unlösbaren Konflikt. Die Kamera von Benedict Neuenfels ist einerseits kreatürlicher Beobachter und zugleich schafft sie atemberaubende Tableaus und Bildkompositionen.

STYX, ein Film, an dem wir nicht vorbeikommen, ein Monolith, eine kraftvolle Äußerung, ein Film, den wir deshalb als Jury einstimmig mit dem Hauptpreis auszeichnen.

2. Der NDR-Regiepreis, gestiftet vom Norddeutschen Rundfunk – NDR, dotiert mit 5.000 Euro, geht an

Milko Lazarov für die Regie der deutsch-bulgarisch-französischen Koproduktion NANOUK

Begründung der Spielfilmjury:

Man muss sich für diesen Film Zeit nehmen, dessen Dimension sich nach und nach in großer Wucht entfaltet. Wir sind am Ende der Welt und zugleich am Ursprung der Zeit. In mystischen Gleichnissen führt uns Milko Lazarov in eine Schneewüste, die die Kulisse für die Schilderung des einsamen und beschwerlichen Lebens des Rentierjägers Nanouk und seiner Frau darstellt.

Was wie ein stilles Paradies wirkt, erzählt die Abgeschiedenheit der letzten ihrer Art, die trotz ihres Einklanges mit der Natur dennoch nicht verschont bleiben von den Auswirkungen der modernen Zivilisation. Am Ende ihres Lebens, sind Nanouk und seine Frau Sedna Zurückgelassene. Die verstoßene Tochter arbeitet weit entfernt, in einer Diamantenmine; der Sohn taucht selten mit dem Nötigsten auf, um dann so schnell wie möglich mit dem Motorschlitten davon zu fahren. In einfachen und bewegenden, tieftraurigen Momenten, erzählt uns Milko Lazarov einen Film über das Verschwinden und die Liebe.

3. Der Förderpreis der DEFA-Stiftung, dotiert mit 4.000 Euro, geht an

Julian Pörksen für das Drehbuch zu seinem Film WHATEVER HAPPENS NEXT

Begründung der Spielfilmjury:

Ein gewöhnlicher Tag und eine schon fast lächerlich, gewöhnlich wirkende Hauptfigur. Paul ist mit dem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit, bei der er niemals ankommen wird. Der Helm sitzt schief, der Weg verläuft leicht abschüssig und Paul trifft einfach so die Entscheidung aus seiner Routine auszubrechen. Was folgt ist eine episodenhafte Schilderung von Situationen, in die hinein sich Paul treiben lässt. Der Zuschauer wird von Julian Pörksens Drehbuchs in skurrile und originell beschriebene Szenerien geworfen, deren Dialoge durch genaue Beobachtungen und überraschende Sequenzen hervorstechen. Die Dramaturgie ist im herkömmlichen Sinne keine klassische, sondern folgt eher dem Experiment seiner Hauptfigur. Es entsteht das Sittengemälde einer Gesellschaft, die fast schon aus sich heraus ein Zerrbild ergibt. Mit großer Lakonie schildert Pörksen einen Zirkus merkwürdiger Charaktere, die in ihrer Überzeichnung das Wesen der Realität einfangen.

4. Den Nachwuchsdarstellerpreis, gestiftet von den Stadtwerken Schwerin, dotiert mit 2.500 Euro, erhalten

Mala Emde und Anton Spieker
für ihre schauspielerischen Leistungen im Film 303 (Regie: Hans Weingartner)

Begründung der Spielfilmjury:

Jan und Jule - unterwegs mit dem Mercedes 303, ein Sommer - eine Reise, eine Education sentimental. Sie schwanger auf dem Weg zu ihrem Freund nach Portugal, er ein Tramper auf der Suche nach seinem ihm unbekannten Vater. Zwei Fremde die sich auf einer Reise annähern. Was wie ein Klischee klingt ist die Qualität des Films.

Unter der sorgfältigen Regie von Hans Weingartner erreichen das Spiel von Mala Emde und Anton Spieker eine überraschende Direktheit, eine verblüffende Natürlichkeit und das bei ausschweifenden philosophischen Wortgefechten. In großer Freiheit verbinden sich die Zwei im Spiel und bleiben doch als Einzelcharaktere lesbar. In ihrem charmanten Miteinander entsteht eine berührende Leichtigkeit. Und so wie sich die Figuren ineinander verlieben, verlieben wir uns in die Schauspieler.

Es ist ein Vergnügen Mala Emde zuzusehen wie sie sich im Verlauf des Films in ihrer Durchlässigkeit immer mehr offenbart und durch die Begegnung mit Jan zu neuer Lebensfreude findet.

Anton Spieker ist für den Zuschauer ein offenes Buch. Jedes Gefühl spiegelt sich in seinem Gesicht. Durch seine große Ehrlichkeit folgen wir jedem Schritt seiner inneren Reise. Beide sind eine Entdeckung, und es ist uns nur möglich diesen Preis an sie gemeinsam zu verleihen. Auch wir sind verliebt.

5. Der Preis für die beste Musik- und Tongestaltung, gestiftet von Studio Mitte Filmpostproduktion mit Unterstützung von Steinberg Media Technologies GmbH (Sachleistungen im Wert von 4.000 Euro) geht an

Uwe Dresch und Andre Zimmermann (Sounddesign) und Tobias Fleig (Kinomischung) für ihre Leistungen zum Film

STYX (Regie: Wolfgang Fischer)

Begründung der Spielfilmjury und Jörg Höhne (Beratung):

Stille – die Gewalt des Zusammenstoßes – die Kraft eines Sturmes – die Ruhe des Meeres bei Windstille – die Angst und Verlorenheit von Menschen in Not.

Mit viel Geschick und Einfühlungsvermögen, und unter Ausnutzung neuer gestalterischer Möglichkeiten durch das Dolby Atmos Soundformat gelingt es dem Ton-Team von Styx, dem Zuschauer eine physische Erfahrung der Vorgänge auf der Segelyacht unserer Heldin zu vermitteln. Die Tonebene macht die Urgewalt des Meeres, die Kraft des Windes und die Verletzlichkeit der Darstellerin spürbar. Hierbei ist das Sounddesign nie Selbstzweck, sondern folgt präzise der Handlung des Filmes.

Die ritualisierten Abläufe auf Rikes Boot erzeugen in Verbindung mit dem Sound einen Rhythmus, der die Geräusche zur Filmmusik macht.


6. Den Publikumspreis, gestiftet von der Schweriner Volkszeitung, dotiert mit 2.500 Euro,
erhält aus dem Spielfilmwettbewerb die deutsch-österreichische Produktion

STYX von Regisseur Wolfgang Fischer

7. Den FIPRESCI-Award (Internationale Filmkritikervereinigung; undotiert) erhält der deutsche Beitrag im Spielfilmwettbewerb

IN DEN GÄNGEN von Regisseur Thomas Stuber

Begründung der FIPRESCI-Jury (Dr. Dinara Maglakelidze/Tiflis, Frank-Burkhard Habel/Berlin, Marian Wilhelm/Innsbruck):

Die Jury der internationalen Föderation der Filmkritiker FIPRESCI vergibt ihren Preis an einen Film, der das Publikum eintauchen lässt in einen faszinierenden Mikrokosmos. In tragikomischer Weise und voller menschlicher Wärme entdeckt er für die Leinwand das Leben eines Großmarkts.

8. Der LEO-Kinder und Jugendpreis, dotiert mit 7.500 Euro, gestiftet vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für den besten Beitrag im Jugendfilmwettbewerb geht an den deutschen Beitrag

LOMO von Regisseurin Julia Langhof

Begründung der sechsköpfigen Jugendjury:

Wir haben uns in der letzten Woche die sieben Filme der Kinder- und Jugendfilmreihe angeschaut und nach verschiedenen, von uns ausgewählten Kriterien bewertet. Jeder von diesen Filmen war für sich etwas Besonderes und wir bedanken uns hiermit noch einmal bei allen Filmemacherinnen und Filmemachern für ihre Arbeit. Leider mussten wir uns am Ende für einen Film entscheiden, und das ist uns nicht leichtgefallen. Zwischen unserem Gewinnerfilm und dem Zweitplatzierten MEINE TEUFLISCH GUTE FREUNDIN (Regie: Marco Petry) gab es in unserer Diskussion ein Kopf- an Kopfrennen und die Jury war sich bis zuletzt uneinig. Diesem lustigen Familienfilm, den wir uns gleich nochmal anschauen wollten, möchten wir deshalb eine Lobende Erwähnung aussprechen.

Nun aber zum Siegerfilm: Dieser hat sich vor allem durch moderne, hervorragend eingesetzte Effekte und eine überaus spannende, einzigartige Story ausgezeichnet. Es ist ein sehr ernster Film, mit dessen jugendlichen Charakteren wir uns sehr gut identifizieren können. Die Geschichte ist dabei so komplex, dass wir über den kompletten Film hinweg gefesselt waren. Durch das offene Ende, das viele verschiedene Fragen aufgeworfen hat, blieb uns der Film noch eine ganze Weile im Kopf und beschäftigte jede und jeden von uns ganz persönlich.

9. Der Preis für den besten Dokumentarfilm im Wettbewerb, gestiftet von der Sparkasse Mecklenburg-Schwerin, dotiert mit 5.000 Euro, geht an den deutschen Beitrag:

FAREWELL YELLOW SEA von Regisseurin Marita Stocker

Begründung der Dokumentarfilmjury (Voxi Bärenklau, Pepe Danquart, Luise Makarov):

Die Königsklasse der Filmkunst, die sich im Allgemeinen mit dem Elend der Welt beschäftigt. Und doch wird die Welt nur untergehen, wenn das letzte Lachen verstummt. Humor – im besten Sinne dramatisch – sehen wir selten im dokumentarisch Narrativ. Auch in der bestens kuratierten Auswahl dieses Festivals. Der auszuzeichnende Film nimmt ihn dennoch fast unbemerkt mit auf seine dreijährige biographische Reise.

Eine Wurstplatte bleibt unberührt. Nur Doppelzimmer zur Verfügung. Morgen kaufen wir Reis, übersetzen die Untertitel die chinesische Konversation nach unberührtem Empfangs-menü deutscher Provenienz. Aber morgen ist Sonntag, lautet die Antwort, da sind die Ge-schäfte geschlossen. Das Dilemma eines Kultur-Clashes nimmt seinen Anfang.

Die Regisseurin begleitet in FAREWELL YELLOW SEA eine junge Frau aus China, die im Süden Deutschlands eine Altenpflegerinnen Ausbildung beginnt, die gleich zu Beginn mit dem Ungemach polnisch-deutscher Herzlichkeit konfrontiert, den Widrigkeiten der bitteren Realität eines Altersheims trotzt – verzweifelnd, weinend, sehnsüchtig und lachend. Bis zum erfolgreichen Abschluss nach dreijähriger Ausbildung.

Der Film erzählt dies konsequent aus der Perspektive der Protagonistin. Unterstützt durch eine herausragend erzählende Kamera von Mitja Hagelüken, die dem dokumentarischen Gestus der Protagonisten genug Raum lässt, um all die gelebten Emotionen unkommentiert für den Zuschauer miterleben zu lassen. Ein Film spannend wie ein inszeniertes Drama mit hoffnungsvollem Ende und wie meine Jury Kollegin Luise sagte „unser Herz warm machte“ während wir ihn sehen durften. Eine dokumentarische Erzählung „at it’s best!“

10. Der Preis für die beste Bildgestaltung im Dokumentarfilmwettbewerb, gestiftet von der Sparkasse Mecklenburg-Schwerin, dotiert mit 2.500 Euro, geht an

Talal Khoury für seine Leistungen in der deutsch-libanesischen Koproduktion TASTE OF CEMENT (Regie: Ziad Kalthoum)

Begründung der Dokumentarfilmjury:

Es ist in der Tat ein beeindruckender Film über LÖCHER im Beton. Undurchdringliche Schlupflöcher, versperrte Einblicke, Ausblicke, Übersichten, Einstiege, Abstiege, vermeintliche Durchgänge, unsichere Schutzräume. Die essayistische Erzählweise, die Ziad Kalthoum in TASTE OF CEMENT wählt, gewährt der Kamera einen großen Entfaltungsraum. Und dieser Raum wird souverän genutzt. Talal Khourys Kamera zeigt und beschreibt nicht einfach nur, sondern findet auf meisterlicher Art strenge, disziplinierte und poetische Bildumsetzungen, ohne sich dabei allzu sehr aufdringlich in den Vordergrund zu drängen. Sei es wie die Kamera über Beirut fliegt oder wie sie schwerelos im Wasser zwischen Panzerwracks schwebt, oder wie sie in der Betontrommel eines fahrenden LKWs montiert filmisch den Horizont auflöst.

Es sind bleibende und nachwirkende Bilder des heutigen Krieges in Syrien, wenn die Kamera in Ruinen zu einem verschütteten Jungen vorkriecht. Oder wenn die Kamera zum zerstörerischen Panzerrohr mutiert. Man schmeckt den zwischen den Zähnen knirschenden Staub des explodierenden Betons. Die Bilder sind Durchblicke durch Öffnungen einer wachsenden, aber auch bedrohlichen Architektur. Die rohen Neubauten im heute befriedeten Beirut bieten den syrischen Exilarbeitern ständig Aussparrungen für den stets sehnsuchtsvollen Blick hinaus auf das freie Mittelmeer. Dabei wird aber deutlich, dass sie hier nicht wirklich aus ihrer offensichtlichen Gefangenschaft fliehen werden können, zu tief ist der bedrohliche Abgrund des Hochhauses. Es bleiben nur die Erinnerungen und Träume an eine ferne friedliche Kindheit zuhause.

Khourys Kamera arbeitet stilsicher und poetisch mit Reflexionen und deren Brechungen, sowie der ständigen Blockierungen von vermeintlichen Durchblicken. Immer wieder findet seine Kamera ausdruckstarke Bildentsprechungen und ist dabei souverän und dramaturgisch elegant im Umgang mit Komposition, Bewegung, Farbe und Licht. Wir gratulieren Talal Khoury zum Preis des FILMKUNSTFEST MV 2018 für die beste Bildgestaltung im Dokumentarfilm.

11. Der Preis für den Besten Kurzfilm im Wettbewerb, gestiftet von der Landeshauptstadt Schwerin, dotiert mit 4.000 Euro, geht an

INTERVENTION IN EINER BANK, Schweiz 2017, Regie und Drehbuch: Matthias Sahli

Begründung der Kurzfilmjury (Juliane Ebner, Gisa Flake, Simon Ostermann):
Dem Regisseur Matthias Sahli und seinem Team gelingt es, mit einem künstlich angelegten Raum die Absurdität kollektiven Verhaltens in einer Gesellschaft in klaren Bildern und mit klug eingesetzten filmischen Mitteln in nur 14 Minuten einzufangen. Dem Zuschauer wird keine Emotion diktiert; weder beim Heranschlappen der Motivationsgruppenskier, noch beim Blick in die vernebelte Stille des weißen Raucherraumes, oder angesichts der pedantischen Anordnung der keck angeschrägten Papierkörbe. Das Großraumbüro als absurde Tragödie der Anpassung; das Säugetier Mensch in all seiner Nadelstreifenpracht. Ein Film, der die Gleichzeitigkeit von Tragik und Komik zulässt, ohne beliebig zu sein.

12. Der Ehrenpreis des 28. FILMKUNSTFESTs Mecklenburg-Vorpommern, der „Goldene Ochse“, geht an den Schauspieler

Henry Hübchen

Der Ehrenpreis wird von der Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Schirmherrn des Festivals, Manuela Schwesig, überreicht.

13. Gewinner der Kurzfilmnacht im Schweriner Speicher – Publikumsentscheidungen:

1.     Platz, mit 108 Punkten: IRGENDWER, Regie: Marco Gadge

2.     Platz, mit 83 Punkten: LOVE ME, FEAR ME, Regie: Veronica Salomon

3.     Platz, mit 75 Punkten: NULL KOMMA NICHTS, Regie: Moritz Boll

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