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FILMKUNSTFEST MV 2019: SYSTEMSPRENGER bekommt Flügel - "Exzellentes Programm"

Dank eines sehr weiblichen, politischen und irisch geprägten Programms, starker Wettbewerbs­beiträge und einer erfolgreichen Katharina-Thalbach-Werkschau erreichte das 29. FILMKUNSTFEST MV die neue Rekordzahl von 19.200 Zuschauern, die sich 120 Filme ansahen. Der bisherige Rekord lag 2017 bei rund 18.000 Besuchern.

„Die 29. Ausgabe des FILMKUNSTFEST MV hat unsere Erwartungen übertroffen“, sagt der Künstle­rische Leiter, Volker Kufahl: „Wir freuen uns, dass die Besucher und die Jurys unsere sorgfältige Programmauswahl, in der viele Filme gesellschaftlich relevante Themen behandelt haben, zu schätzen wussten. Besonders freut mich, dass unser Gastland Irland auf ein so überraschend großes Interesse gestoßen ist.“

Der große Erfolg bahnte sich bereits an den ersten Festivaltagen an, als tausende Besucher in das Festivalkino, den Filmpalast Capitol in Schwerin, strömten, der dank der abgeschlossenen Renovierungs- und Umbauarbeiten nun zu einem der technisch modernsten Kinos in Deutschland zählt. Nach einem spannungsgeladenen Start mit der deutschen Premiere des Psychothrillers GRETA vom irischen Regie-Altmeister Neil Jordan (THE CRYING GAME, 1993) blieben die Zuschauerzahlen auf hohem Niveau.

Vor allem die Reihe mit aktuellen Produktionen aus dem diesjährigen Gastland Irland und die Werkschau zum Ehrengast Katharina Thalbach waren überdurchschnittlich gut besucht. Thalbach freute sich über die warmherzigen Worte vieler Fans und ihrer Laudatorin, der Schauspielkollegin Andreja Schneider (von den „Geschwistern Pfister“), bevor sie am Samstagabend – in Gegenwart ihrer Tochter Anna, die Mitglied der Spielfilmjury war – aus den Händen der Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig, den Ehrenpreis des Filmfestivals, den „Goldenen Ochsen“ entgegennahm. Als Freundin deftiger Kost freue sie sich, ausgerechnet einen Ochsen als Preis zu erhalten, sagt Katharina Thalbach unter dem Gelächter des Publikums, das sie mit stehenden Ovationen im ausverkauften Mecklenburgischen Staatstheater feierte.

Der prächtige Bau des Mecklenburgischen Staatstheaters war nach der Preisverleihung, aber auch schon einen Tag zuvor, Veranstaltungsort zweier Filmkonzerte zu Charlie Chaplins Stummfilmklassiker THE GOLD RUSH aus dem Jahr 1925. Das Mecklenburgische Staatsorchester unter Leitung von Martin Schelhaas, das Chaplins Partituren zum Film live spielte, wurde von jeweils 500 Besuchern bejubelt.

Katharina Thalbach war nicht nur bei mehreren Filmaufführungen der ihr gewidmeten Hommage präsent, sondern führte auch ein aufschlussreiches Werkstattgespräch mit dem renommierten Moderator und Filmjournalist Knut Elstermann, der mit Witz und Schwung auch in diesem Jahr wieder durch Festivaleröffnung und Preisverleihung führte. Thalbach berichtete unter anderem, dass ihr eine Sprecherzieherin schon als Jugendliche geweissagt habe, dass sie später eine dunklere Stimme bekommen würde. Dieses unnachahmliche Markenzeichen und Thalbachs schlagfertige, gewitzte und offene Art prägten auch ihre Auftritte auf dem Schweriner FILMKUNSTFEST MV.

Neben dem Ehrenpreis wurden auch die 11 weiteren Auszeichnungen des Filmfestivals im Staatstheater vergeben. Der deutsche Spielfilm SYSTEMSPRENGER von Nora Fingscheidt erhielt den Hauptpreis „Der Fliegende Ochse“, den FIPRESCI-Kritikerpreis, den Preis für die Beste Musik- und Tongestaltung im Spielfilmwettbewerb und den Förderpreis der DEFA-Stiftung. Der österreichische Spielfilm „Der Boden unter den Füßen“ von Marie Kreutzer, der teils in Rostock und Wismar gedreht wurde, erhielt den NDR-Regiepreis, die Schauspielerin Valerie Pachner den Nachwuchsdarstellerpreis.

Als Bester Dokumentarfilm wurde der deutsche Beitrag der aus Grevesmühlen in Westmecklenburg stammenden Regisseurin Christin Freitag LET THE BELL RING über einen US-amerikanischen Boxer ausgezeichnet. Der Preis für die Beste Bildgestaltung ging an den Kameramann Daniel Samer für den Dokumentarfilm CONGO CALLING von Stephan Hilpert. Der LEO für den Besten Kinder- und Jugendfilm ging an den verspielten Berlin- und Abenteuerfilm CLEO des deutschen Regisseurs und Autors Erik Schmitt. Als Bester Kurzfilm im Wettbewerb wurde Hannah Dörrs MIDAS ODER DIE SCHWARZE LEINWAND ausgezeichnet. Das Publikum entschied sich für Sherry Hormanns Drama NUR EINE FRAU, der in Schwerin seine deutsche Premiere feierte. Stellvertretend für Sherry Hormann nahm Verleihchef Christoph Ott den Preis für den Film entgegen, dessen Firma NFP marketing & distribution den Film ab Donnerstag in ausgewählte deutsche Kinos bringt. Ott würdigte ebenso wie andere Festivalteilnehmer die Auswahl in den Wettbewerben und sagte: „Hier wird Exzellenz gezeigt.“

Besonders freuten sich die 13 Gäste aus Irland über die Neugier und Aufgeschlossenheit des Schweriner Festivalpublikums, allen voran der deutsch-irische Autor Ralf Sotscheck, der eine Lesung gab, der renommierte Fotograf Derek Speirs, dessen Ausstellung CHILDREN noch bis Ende Mai in Schwerin zu sehen ist, der Kurator des Cork-Film-Festival-Kurzfilmprogramms Don O’Mahony, die Schauspielerin Hazel Doupe (FLOAT LIKE A BUTTERFLY) und ihr Kollege Dafhyd Flynn (MICHAEL INSIDE). Einige der insgesamt 9 langen und 15 kurzen Filme, die das 29. FILMKUNSTFEST MV aus dem Gastland Irland präsentierte, nahmen Bezug auf den Bürgerkrieg in Nordirland, so auch die Dokumentation I, DOLOURS über die IRA-Anführerin Dolours Price von Maurice Sweeney, die als Deutschlandpremiere gezeigt wurde. Im Filmgespräch äußerte Sweeney die Befürchtung, dass die nicht verarbeiteten Traumata des Nordirland-Konfliktes insbesondere in der Generation der 16- bis 20-jährigen Nordiren zu einem Wiederaufflammen der Gewalt im Zuge des bevorstehenden Brexits führen könnten. Ein tragisches Indiz dafür sei die Ermordung der Journalistin Lyra McKee vor einigen Tagen gewesen.

Der irische Schwerpunkt des Festivals wurde maßgeblich vom Irish Film Institute, von Culture Ireland und dem Arts Council of Ireland gefördert.

Groß war auch wieder das Interesse an der populären Reihe "Gedreht in MV", speziell an mehreren politischen Diskussionen zu aktuellen Dokumentarfilmen, die das FILMKUNSTFEST MV in Kooperation mit mehreren politischen Stiftungen durchführte, darunter zum neuen Film SEESTÜCK von Volker Koepp (Rosa-Luxemburg-Stiftung MV) über das Zusammenleben vieler Nationen und neue politische Spannungen an der Ostsee, zu NICHT HIER UM ZU KRITISIEREN von Lucas Thiem über die Bedeutung des Theaters in der Demokratie (Friedrich-Ebert-Stiftung MV), zu STEINIG ODER GLATT – LEBENSLINIEN JUNGER FLÜCHTLINGE von Dieter Schumann (im Jugendfilmwettbewerb; mit der Landeszentrale für politische Bildung MV). Den Rekord stellte die Diskussion mit dem Historiker und Russland-Experten Prof. Dr. Jörg Baberowski von der Humboldt-Universität auf, die in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung MV veranstaltet wurde: Über eine Stunde lauschte das Publikum Baberowskis Ausführungen zu Werner Herzogs Interview-Film GORBATSCHOW - EINE BEGEGNUNG und seiner Bewertung der geschichtlichen Rolle des ehemaligen sowjetischen Staatsführers.

Filme zur Geschichte der DDR und zur Wende fanden bei den Schwerinern ebenfalls starke Nachfrage, so z. B. Dokumentationen über DIE STASI IM KINDERZIMMER im Programm des Medienpartners NDR sowie über die Transformation der Volkspolizei der DDR im Prozess der Wiedervereinigung, zu welcher der letzte Innenminister der DDR, Peter-Michael Diestel, zu Gast war. Über einen vollen Saal konnte sich auch Regisseur Bernd Böhlich mit seinem Filmteam freuen, dessen Drama um eine unter Stalin in der UdSSR zu Unrecht verurteilte junge deutsche Kommunistin UND DER ZUKUNFT ZUGEWANDT im Spielfilmwettbewerb als Deutschlandpremiere zu sehen war. Böhlich brachte auch die Schauspielerinnen Swetlana Schönfeld, Barbara Schnitzler, Carlotta von Falkenhayn sowie den Schauspieler Peer Jäger mit. Auf ein großes Publikum stießen außerdem die neu digitalisierten DEFA-Filme der Regisseurin Evelyn Schmidt, DAS FAHRRAD und SEITENSPRUNG. In einer besonderen Veranstaltung erinnerte das Festival außerdem an den am 4. April verstorbenen Dokumentarfilmer Heinz Brinkmann, der 1991 zu den Mitbegründern des FILMKUNSTFEST MV gehört hatte.

Zu den weiteren Gästen des 29. FILMKUNSTFEST MV gehörten die Schauspieler Christoph M. Ohrt, Steffen Groth, Volker Zack, Ole Lagerpusch, Steffen Scheumann sowie deren Kolleginnen Gabriela Maria Schmeide, Margarita Breitkreiz, Sabrina Reiter, Daria Nosik, Anna Florkowski, Anna Hornstein, Birte Schnöink, Jennifer Sabel und Christina Große. Zu den Regisseuren und Regisseurinnen, die ihre Filme in Schwerin vorstellten, zählten Edward Berger, Erec Bremer, Peter Wawerzinek, Matthäus Wörle, Petra Lüschow, Evelyn Schmidt, Juliane Ebner, Christin Freitag, Katrin Schlösser, Annekatrin Hendel, Miriam Bliese, Nicole Huminski, Thomas Bartels und Anna Schwingenschuh. Aber auch zahlreiche Produzentinnen und Produzenten, Filmverleiher, Kameraleute und Editoren waren in Schwerin zu Gast.

Auf der von der FILM COMMISSION MV veranstalteten Branchenkonferenz am 2. Mai war vor einem rund fünfzigköpfigen Fachpublikum der gegenwärtige Stand der Film- und Medienförderung in Mecklenburg-Vorpommern Thema, nachdem sich schon Ministerpräsidentin Manuela Schwesig im Rahmen der Festivaleröffnung ausdrücklich zum Filmland Mecklenburg-Vorpommern und zum Ausbau der Filmförderung bekannt hatte. Neben der angestrebten institutionellen Neustrukturierung für die Filmförderung kündigte der Vertreter der Staatskanzlei an, dass es möglicherweise noch in diesem Jahr erstmalig eine Vergabe von Kinoprogrammpreisen in Mecklenburg-Vorpommern geben werde. Der Geschäftsführer der Filmland MV, Volker Kufahl, hob die zunehmende Attraktivität der Drehorte in Mecklenburg-Vorpommern hervor, die durch bessere Anreize und Förderinstrumente für die kreativen Unternehmen im Land noch gesteigert werden könne.

In einer weiteren Gesprächsrunde erläuterten unter anderem Michael Lehmann vom Studio Hamburg und Jochen Coldewey von der Nordmedia Film- und Medienförderung Niedersachsen, welche Voraussetzungen für eine langfristig erfolgreiche Film- und Medienförderung in einer veränderten Medienlandschaft etabliert werden müssen. Am Folgetag lud die FILM COMMISSION MV die Gäste des 29. FILMKUNSTFEST MV zum zweiten Mal zu einer Location Tour zu ungewöhnlichen Drehorten in Schwerin und Umgebung ein.

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